Eine Kulturgeschichte der Stimme als Medium
ZKM | Museum für Neue Kunst Karlsruhe, 18. September 2004 - 30. Januar 2005
ISBN 978-3-88221-844-2
Herausgeber: Brigitte Felderer
Verlag: Matthes & Seitz, Berlin, 2004
Text: dt.
415 S., zahlreiche Abb.
In einer Zeit der fortschreitenden Effizienz des Informationstransfers werden Inhalte zu einheitlich formatierten Kommunikations-Paketen reduziert. Dabei verlieren sie unter den technischen Beschränkungen von Übertragungszeiten und Leitungskapazitäten zunehmend an der aussagekräftigen Lebendigkeit einer nuancenreichen Verständigung – die Übermittlung von Ironie und Ambivalenz, Mitgefühl und Heuchelei, Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit sind auf das gesamte lautliche Repertoire der Stimme angewiesen. Die Stimme ist nicht ersetzbar, wenn es darum geht, Verbindlichkeiten auszuhandeln, Macht und Protest laut werden zu lassen, Diskurse zu einer Lösung zu führen, sich Jaworte zu geben – zuzulassen, dass die Kultur ihre Stimme erhebt. Die Stimme ist das Medium einer demokratischen Ordnung: ob Bundestag, Gerichtsbarkeit, Zeugenstand oder Aufsichtsrat – all das sind Orte der Stimm-Erhebung, wo für die Gemeinschaft und für das Individuum wichtige wie folgenschwere Aussagen ausgesprochen und damit Realitäten geschaffen werden. Nur wer die Stimme erhebt, handelt vielleicht auch.
Die Autoren zeigen in dieser Medien- und Kulturgeschichte, dass die erlebte und gehörte Stimme faktisch den Raum unserer Wahrnehmungswelt erzeugt, dass die technische Möglichkeit, Stimme zu speichern und zu übertragen eine Verständigungs-Revolution auslöst: auch das telefonierende Kind ist in der Lage, die abwesende Großmutter als gegenwärtig zu imaginieren. Die reiche Bebilderung mit Sprechmaschinen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, phonographischen Experimenten, ersten sprechenden Puppen und Gegenständen, Stimmprothesen, Notations-Systemen etc. stellt die Stimme zusätzlich in einen Kontext technischer Faszinationsgeschichte.
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